
Interview mit Pascale Leutwiler
Das Vermögen des Unternehmers liegt nicht auf einem Konto bei der Bank
Mit ihrer Idee einer neuen Erbschaftssteuer gefährdet die Juso-Initiative den Unternehmergeist.
Frau Leutwiler, was sind Ihre Erfahrungen bezüglich Unternehmertum?
Pascale Leutwiler: Meine unternehmerische Erfahrung ist sowohl familien- als auch berufsbezogen. Als Co-Direktorin der Firma Leutwiler SA, einem im Stahlbau tätigen KMU, erlebe ich täglich die Herausforderungen der Unternehmensführung: Arbeitsplätze sichern, in die Zukunft investieren, auf dem Markt konkurrenzfähig bleiben. Gleichzeitig habe ich meine eigene Beratertätigkeit aufgebaut, bei der ich kleine und mittlere Unternehmen sowie Privatpersonen hinsichtlich Organisation und Kundenzufriedenheit unterstütze. Ausserdem nehme ich ein politisches Mandat in meiner Gemeinde wahr.
Was halten Sie von der Juso-Initiative, die eine Steuer von 50% auf Nachlässe über 50 Millionen Franken vorsieht?
Die Initiative betrifft mich zwar nicht direkt, dennoch erachte ich sie als sehr gefährlich für Familienunternehmen. Unabhängig von der Firmengrösse wird das Vermögen der Eigentümer hauptsächlich in das Unternehmen investiert. Bei einer Besteuerung von 50% wird die Liquidität gekappt. Um die Steuer zu entrichten, bleibt nur noch die Möglichkeit, das Unternehmen ganz oder teilweise zu verkaufen. Und wer kauft grosse Schweizer Familienunternehmen? Meistens grosse ausländische Investoren. Die Unternehmen sind dann nicht mehr in Familienbesitz und die Sorge um Zukunftsorientierung und den Erhalt von Arbeitsplätzen wird in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht.
Aber die Erben eines grossen Familienunternehmens erhalten doch dann viel Geld und sollten genug haben, um die Steuer zu begleichen?
Um genau zu sein erhält die Generation, die ein Unternehmen erbt, keine Banknoten, sondern Anteile am Unternehmen. Letztere sind es, die den Wert des Unternehmens darstellen (Gebäude, Werkstätten, Maschinenpark usw.). Da die Liquidität nicht ausreicht, um die Steuer zu begleichen, muss das Unternehmen verkauft werden. Mit dem Verkauf werden Unternehmensgrösse, Arbeitsplätze und Investitionen reduziert. Damit steht letzten Endes die Lebensfähigkeit der Firma auf dem Spiel.
Mit ihrer Initiative will die Juso Massnahmen gegen den Klimawandel finanzieren. Machen Sie da nicht mit?
Nicht unter diesen Bedingungen! Nicht, wenn es für Familienunternehmen die Geschäftsübergabe an die Nachfolgegeneration gefährdet. Eine umweltfreundliche, nachhaltige Wirtschaft muss auch sozial und wirtschaftlich nachhaltig sein. Die Initiative würde zum einen die Zerschlagung mittlerer und grosser Familienunternehmen fördern und zum anderen würden die betroffenen Steuerzahler ins Ausland fliehen. Am Ende stünden nicht mehr, sondern weniger Mittel für das Klima sowie soziale und wirtschaftliche Probleme zur Verfügung.
Steckbrief

Pascale Leutwiler
Name: Pascale Leutwiler Position: Co-Direktorin und Eigentümerin Unternehmen: Leutwiler Metallbau Mitarbeitende: 20 Branche: Stahlbau, Industrie Firmensitz: Kanton Neuenburg